Word World (par Jacques Demorgon)

L’Auteur-Monde Régis Debray est un écrivain, philosophe et haut fonctionnaire français.

Sources : Jacques Demorgon Interkulturelle Geschichte der Gesellschaften – (Kapitel XI – 144-183) auf Deutsch

Traduction inédite de L’HISTOIRE INTERCULTURELLE DES SOCIÉTÉS

2e partie. Histoires et Cultures. Chap. XI. Les médiations du lien social. Debray, la médiologie.

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Mediale Vermittlung des sozialen Zusammenhangs. Régis Debray und die Mediologie

I.      Was ist Mediologie ? > ci-dessous

  • 1.     « Cours de médiologie générale » und « Manifestes médiologiques »
  • 2.     Die Mediasphäre: materieller, symbolischer, soziopolitischer Aspekt
  • 3.     Die Mediasphären

II. Ein früher evolutionärer Ansatz.  Comtes kulturelle Zeitalter

III. Die siebzehn gesellschaftlichen Konstanten und ihre spezifische Gestalt in der Logosphäre

  • 1. Kosmische und politische Strukturen der Logosphäre
  • 2. Das symbolische Universum, das die Logosphäre begründet
  • 3.    Akteure und Mittel im Dienste der Logosphäre
  • 4. Die Figur des Individuums in der « Logosphäre »

IV.    Graphosphäre und Videosphäre: Komische und politische Strukturen

V. Die symbolischen Universen, die die Graphosphäre und die Videosphäre begründen

VI./ Akteure und Mittel in Graphosphäre und Videosphäre

VII. Die Figur des Individuums in der Graphosphäre und in der Videosphäre

VIII. Andere Periodisierungen

IX./ Die vergessene « Mnemosphäre »

X./ Das Christentum als einziger Beleg für die Logosphäre

XI. Ein Universum ohne Subjekt?

XII. Konzeptuelle Schwierigkeiten der Mediologie. Bereiche und Begriffe Debray hat die mediologische Arbeit anhand zweier spezieller Themen weiter

XIII. Mediologie und besondere Kulturen. Frankreich und Deutschland, Republik und Demokratie

XIV./ Jenseits der Kritik


I.      Was ist Mediologie ?

Nach seiner Critique de la raison politique ou I ‘inconscient religieuxl[1] ist Debray besser als McLuhan in der Lage, die großen kulturellen Brüche aus einem ganz neuen Blickwinkel zu befrachten.

1.     « Cours de médiologie générale » und « Manifestes médiologiques »

Dieser neue Blickwinkel der Beobachtung und Analyse ist die Mediologie. Diese Disziplin hat eine Reihe von Vorläufern. Debray nennt an erster Stelle die « geniale und barocke Gallionsfigur McLuhan, »[2] dann weitere ältere oder neuere und selbst postnodeme Wegbereiter: Leibniz, Diderot, Kant, Balzac, Valéry, Benjamin, Leroi-Gourhan, Serres,  Derrida, Stiegler.[3][4]

Auf der rückwärtigen Einbandseite der Cours de médiologie générale ist zu lesen: « Médiologie heißt das Studium der materiellen Vermittlungen, durch die ein Wort Fleisch wird, eine Idee kollektive Gewalt, eine Botschaft Weltanschauung. Sie befriff Vennittlungen und Apparaturen aller Art, die in unseren zeitgenössischen Medien eine einmalige und alles durchdringende Form gefunden haben, deren Entstehung jedoch weit zurück reicht. Indem auf diese Weise die Kultur mit ihrer eigenen Materialität versöhnt wird, könnte sich auch die entscheidende und immer noch dunkle Frage der Wirksamkeit des Symbolischen klären lassen — die Frage der ‘Macht der Worte’ oder der ‘Rolle der Ideen in der Geschichte’. Diese Logistik des Geistes will die Abstrakfion, die man ‘das Denken’ getauft hat, auf das System der materiellen Träger, Verhälmisse, Übermittlungsverfahren zurückfihren, auf denen in den verschiedenen Epochen ihre soziale Existenz beruht. Mit ihrer Hilfe wird das aus der jeweiligen technischen Entwicklung hevorgehende System bzw. die Mediasphäre rekonsfruiert. »

Auf den Cours de médiologie générale (1991) folgten wichtige Arbeiten zu einzelnen Sektoren. Die erste, « Vie et mort de l’image. Une histoire du regard en Occident » (1992), stellt die Mediologie des Bildes am « Schnittpunkt von Kunstgeschichte, Religionen und Techniken » dat [5]

Die zweite, « L’Etat séducteur » (1993), behandelt « die mediologischen Revolutionen der Macht’ [6]. Manifestes médiologiques » (1994) ist eine Neudefinition von Konzeption, Gegenstand und Methoden dieses Vorhabens. Debray stellt sich dabei vor, er würde von einer Art Disziplinenpolizei befragt und antworte ihr, die Mediologie wolle « so etwas wie eine Pragmatik des Denkens in der langen materiellen Geschichte der Gesellschaften » sein.[7] Er fährt fort: « Die Frage ist nicht, wessen Produkt dieses Denken ist, sondern wovon es real produziert wurde; nicht woher eine Infonnafion kommt und was sie bedeutet, sondern was diese neue Information auf dem kollektiven mentalen Territorium und in den Autoritätsverhälmissen verändert hat. » Somit wäre die Mediologie « die Untersuchung der Mittel und Wege der symbolischen Wirksarnkeit ».[8] 

2.     Die Mediasphäre: materieller, symbolischer, soziopolitischer Aspekt

Die Mediologie muss sich natürlich auf alle möglichen anderen Disziplinen einlassen, film die der Ordnung einer politischen und intellektuellen Geschichte zugrunde liegende          Logik, aber auch die kollektive Haltung einer bestimmten Epoche zu erfassen, das also, was man früher als die ‘herrschende Ideologie’ stigrnatisierte und worin man heute eher das ‘Bindegewebe des Geistes der Gesellschaften’ erblicken würde (Le Goff). Die mediologische Verfahrensweise oder Geisteshaltung besteht darin, den Finger auf die Schnittstellen von geistigem Leben, materiellem Leben und sozialem Leben zu legen und diese allzu geräuschlos funktionierenden Scharniere zum Knirschen zu bringen. » [9] So stellt die Mediologie eine Mischung aus Bescheidenheit und Ehrgeiz dar, die Debray mit einem

Vergleich weiter zu verdeutlichen versucht: « Die Mediologie will fiir die ideologische Welt das sein, was die Ökologie fiir die ökonomische Welt ist. » 10 Daraus darf man allerdings nicht schließen, dass die Mediologie ständig auf Gleichgewicht ausgerichtet sei. Es gibt Umwälzungen von « Milieu und Medium » und wird sie weiter geben. Der Horizont der Mediologie « ist … die Geschichte der (sozio-techno-kulturellen) Kataklysmen. 11

Der Mediologe ist, wie wir noch sehen werden, in der Lage, die zentralen kulturellen Konstellationen der menschlichen Geschichte sichtbar zu machen, weil er versucht, den Ort zu bestimmen, von dem aus die großen gesellschaftlichen Intersektionen oder Interaktionen einen das gesamte gesellschaftliche Gemge erfassenden Wandel herbeifiihren können. Daher wird er nur selten einen „klassischen » Standpunkt einnehmen. Zum Beispiel möchte der

Mediologe, « da die Menschen seit der Erfindung der Schrift symbolische Infonnationen und politische Entscheidungen, Schlachten um Interpretationen und Schlachten mit echten Toten und echten Waffen miteinander vermengen (etwa bei den Bilderstürmem, in den  Religionskriegen oder bei nationalistischen Aufständen), … die außerlogischen Wechselfälle des Logos genau nachvollziehen, denn aus einem Sagen kann unter bestimmten Umständen ein Tun werden, ein Sagen kann ein Tun veranlassen. Zunächst aber soll geklärt werden, was eine Mediasphäre überhaupt ist.

3.     Die Mediasphären

Eine Mediasphäre ist « ein Milieu, dessen Struktur durch das hauptsächlich in ihm verwendete Verfahren bestimmt wird, Infonnationen dem Gedächtnis einzuprägen. Damit unterscheidet Debray vier mediologische Perioden oder Mediasphären: Die erste, die « Mnemosphäre« , bei der Infonnationen « mündlich und nur mit Hilfe der Künste des Erinnerns » weitergegeben werden, wird, da sie prähistorisch ist, in Debrays historischer Tabelle weder erläutert noch auch nur genannt. Sehr wohl verfreten sind jedoch die drei folgenden Mediasphären: die « Logosphäre« , die « Graphosphäre » und die « Videosphäre« . Debray erläutert seine Tabelle so:

« Die erste Spalte links enthält die invarianten Funktionen und organisatorischen Normen, die in jeder historischen Gemeinschaft anzutreffen sind. Dies ist, wenn man so will, Comtes ‘soziale Statik’. Wir sprechen eher von Stuktur und Synchronie … In den drei rechten Spalten stehen die jeweiligen Organe und Formen, also gewissermaßen die soziale Dynamik. Heutzutage spricht man von ‘Diachronie’ und Prozess . »

R. Debray, Cours de Médiologie générale, val. die Tabelle S. 390.

Tatsächlich findet man in der ersten Spalte die siebzehn Merkmale bzw. gesellschaftlichen Konstanten jeder Mediasphäre. Wir werden sie im Folgenden mit den arabischen Zahlen 1 bis 17 kennzeichnen. Alle siebzehn gesellschaftlichen Konstanten werden außerdem noch einmal in einer Tabelle zusammengefasst, die eine abgewandelte Form von Debrays Tabelle darstellt. Aus didaktischen Gründen haben wir Debrays Konstanten zu Gruppen zusammengefasst: die ersten vier unter der Rubrik « Kosmische und politische Strukturen »; die vier folgenden unter der Rubrik « Symbolisches Universum »; die nächsten vier unter der Rubrik « Akteure und Mittel im Dienste des symbolischen Universums »; und die letzten fünf unter der Rubrik « Figuren des Individuums ». In den drei darauf folgenden Spalten, die fir die drei Mediasphären stehen, werden dann alle siebzehn gesellschaftlichen Konstanten in ihrer fiir die beYeffende Sphäre typischen Form genannt:

Logosphäre. « mündliche Übermittlung des an zentaler Stelle schriftlich Niedergelegten, mit allen mit dieser Form der Übermittlung einhergehenden Einschränkungen, und nur in dieser Form »;

Graphosphäre: « Unterwerfung des symbolischen Milieus insgesamt unter die Rationalität des Buchdrucks »;

Videosphäre: « Entnachtung des Buchs durch die audiovisuellen Kommunikationsmittel.„

Damit sind in gedrängter Form alle Grundbegriffe versammelt

R. Debray, Manifestes, , s. 40
Vgl. Anhang I./ 17 gesellschaftliche Konstanten in drei Mediasphären « Drei Zeitalter gleichzeitig », freie Bearbeitung von J. Demorgon. R. Debray, Cours de médiologie générale, Gallimard 2001 [1991].

II. Ein früher evolutionärer Ansatz.  Comtes kulturelle Zeitalter

Zumindest teilweise lassen sich Régis Debrays Arbeiten auch mit Bezug auf die Werke A. Comtes erklären, eines französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts und Begründers der Soziologie. Von ihm stammt eine mittlerweile klassische Theorie der Zeitalter der Menschheit. Es ist eine evolutionäre Theorie, da in ihr Vorher und Nachher stets im Sinne von weniger gut und besser definiert werden…./…



[1] R. Debray, Critique de la raison politique ou l’inconscient religieux, 1987 [1981].

[2] R. Debray, Cours de médiologie générale, vgl. die Tabelle « Trois âges en même temps« . Paris, Gallimard, 2001 [1991]. & Introduction à la médicologie, PUF, 2000.

[3] B. Stiegler, La technique et le temps. 1. La faute d’Epiméthée, Galilée, 1994; 2. La désorientation, Galilée, 1996. 

[4] R. Debray, Cours, a.a.O., rückwärtige Umschlagseite.

[5] R. Debray, Vie et mort de I ‘image, une histoire du regard en Occident, Paris, Gallimard, 1995 [1992], S. 391.

[6] R. Debray, L ‘Etat séducteur. Le révolutions médiologiques du pouvoir, Paris, Gallimard, 1993.

[7] R. Debray, Manifestes mediologiques, Paris, Gallimard, 1994, S. 15.

[8] R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 16.

[9] R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 30-31. 10 R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 34.

Il R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 89. 12 Debray, Manifestes, mo., S. 90. 13 R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 40.15 R. Debray, Manifestes, a.a.O., S. 40.  16 vgl. 1, S. 173.

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